DSGVO Abmahnungen
steht uns eine Abmahnwelle bevor?
Zurzeit gibt es noch große Unsicherheiten, wer welche Datenschutzverstöße abmahnen darf. Dazu kommt, dass verschiedene Gerichte zum Teil doch sehr unterschiedliche Entscheidungen über die Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) getroffen haben.
Insbesondere interessant ist die Frage, ob Unternehmer ihre Wettbewerber wegen Datenschutz Widrigkeiten und DSGVO-Verstößen abmahnen können.
So haben beispielsweise verschiedene Landgerichte den DSGVO-Abmahnungen eine Absage erteilt. Zuletzt das Landgericht (LG) Stuttgart mit einem Urteil vom 15. April 2019, Az. 35 O 68/18 KfH. Nach Ansicht des LG Stuttgart enthält die DSGVO eine detaillierte Regelung der Sanktionen. Nach Art. 57 DSGVO ist die Durchsetzung des Gesetzes aber Aufgabe der Aufsichtsbehörden. Die Stuttgarter Richter des LG wiesen darauf hin, dass die EU-Mitgliedsstaaten laut Artikel 80 bestimmte Einrichtungen damit beauftragen können, die Rechte von Betroffenen, im speziellen zum Thema Datenschutz, auch ohne deren Auftrag durchzusetzen. Dadurch komme zum Ausdruck, dass der europäische Gesetzgeber die Verfolgung von Datenschutzverstößen durch Dritte nur zulassen will, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Auch aus anderen Vorschriften der DSGVO lasse sich keine generelle „Klagebefugnis Dritter“ ableiten.
Zu einem ähnlichen Resultat war auch bereits das Landgericht Magdeburg gekommen (Urteil vom 18.1.2019, Az.: 36 O 48/18). Danach können Verstöße gegen die DSGVO nicht von Wettbewerbern abgemahnt werden. Denn nach Auffassung der Richter enthält das neue Datenschutzrecht ein klar beschriebenes Sanktionssystem. Demnach können Abmahnungen nur durch Aufsichtsbehörden, klagebefugte Verbände oder Personen, deren Rechte auf informationelle Selbstbestimmung verletzt worden sind, vorgenommen werden. Ein wichtiges Argument der Magdeburger Richter war dabei, dass sich die DSGVO am Prinzip der Verhältnismäßigkeit festhält. Aufsichtsbehörden haben ja bekanntlich einen Katalog von Maßnahmen zur Verfügung stehen, die von Hinweisen, Abmahnungen bis hin zu Geldbußen reichen. Die Richter folgerten, dass dieses System der DSGVO unterlaufen würde, wenn auch noch das Wettbewerbsrecht zur Anwendung käme.
In diesem Zusammenhang können wir aus Sicht des Datenschutzes allen Unternehmen nur empfehlen sich an die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu halten, da ansonsten Abmahnungen und Sanktionen zwar nicht durch Mitbewerber, aber durch die Aufsichtsbehörden drohen.
In einem früheren Verfahren kam auch das Landgericht Wiesbaden bereits im November 2018 zum Schluss, dass DSGVO-Verstöße nicht wettbewerbsrechtlich abmahnbar sind (Az.: 5 O 214/18). Unternehmen können DSGVO-Abmahnungen ihrer Wettbewerber nicht bezüglich Verstößen des Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) anmahnen. In der Begründung war zu lesen, dass sich Betroffene an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden können. Außerdem haben Betroffene bei materiellen und immateriellen Schäden laut Artikel 82 DSGVO Anspruch auf Schadensersatz.
Demgegenüber vertrat das Oberlandesgericht Hamburg die Auffassung (Urteil vom 25. Oktober 2018, Az. 3 U 66/17), dass Abmahnungen von DSGVO-Verstößen grundsätzlich abmahnfähig sind, allerdings komme es immer auf den Einzelfall an. So muss bei Abmahnungen nach Einschätzung der Hamburger Richter immer geklärt werden, ob sich ein Wettbewerber durch die Verletzung des Datenschutzes einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft hat. Ist das der Fall, könnten Mitbewerber Verstöße über Paragraf 3a UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) abmahnen.
Dass ungenügende Datenschutzerklärungen abmahnfähig sind entschied das Landgericht Würzburg im Fall einer Rechtsanwaltskanzlei. Nach Einschätzung der Richter kann dieser Verstoß wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden. Allerdings lieferten sie keine detaillierte Begründung dafür, warum ein Verstoß gegen die DSGVO auch einen Verstoß gegen das UWG darstellt und damit wettbewerbsrechtlich eine Abmahnung erteilt werden kann.
In diesem Zusammenhang können wir aus Datenschutzsicht allen Unternehmen nur empfehlen sicherzustellen, dass die Datenschutzerklärung nach dem 25.5.2018 überarbeitet wurde und der DSGVO entspricht.
Keine DSGVO Abmahnwelle in Sicht.
Gesamthaft kann man wohl derzeit nicht von einer Abmahnwelle von DSGVO-Abmahnungen sprechen, die auf unsere Unternehmen zurollt. Trotzdem ist damit zu rechnen, dass durch kostspielige Sanktionen der zuständigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder der Druck auf Datenschutz weiter erhöht wird und somit auch die DSGVO Vorgaben zu erfüllen. Beispielhaft sei hier nur das Bußgeld gegen den Telekommunikationsdienstleister 1&1 Telecom GmbH über 9.5 Millionen Euro genannt, welches im Dezember 2019 vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Ulrich Kelber verhängt wurde. Dass diese Politik konsequent weitergeführt wird hat der Bundesdatenschutzbeauftragte zuletzt am 29.1.2020 in einem Interview mit der Welt bekräftigt. Er sagte, dass der Markt sehr genau angeschaut wird und dass es weitere Fälle gibt, bei denen das BfDI prüft, ob Geldbußen verhängt werden. Ein ähnliches Verhalten ist zum Thema Datenschutz auch von den Datenschutzbehörden der Länder zu erwarten.